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Finalistin: Christine Wehe Bamberger_Europas Frauen 2024 

 72 schwarze Nylonstrumpfhosen, im Zwickel mit Glasperlen bestickt 

3 Basis-Elemente: Kinderbadewanne, Bibel von 1905, Wehrmachts-Mantel

Die Anzahl der installierten Nylonstrumpfhosen ergibt sich aus der Zuordnung der Buchstaben des Titels zu den Zahlenwerten des Alphabets (A = 1, B = 2, usw.).

Die Nylonstrümpfe waren sowohl nach dem 2.Weltkrieg für die Frauen in Westeuropa, als auch für die in Osteuropa bis zum Fall des Eisernen Vorhangs, ein Luxusgut. Wie die Zigaretten waren sie eine Zweit-Währung. 

Einerseits ist die Strumpfhose extrem elastisch und dehnbar, andererseits reagiert sie auf grobe Handhabung sehr empfindlich mit „Laufmaschen“. Da sie heute in Deutschland ein billiges Kleidungsstück ist, wird sie, wenn sie kaputt ist, nicht mehr repariert sondern weggeworfen.

2005 wurde ich zu einem Symposium nach Rumänien eingeladen, um mit rumänischen und deutschen Künstlerinnen und Künstlern zum Thema „ANA“, einer rumänischen Legende, zu arbeiten. Es ist die Geschichte von Meister Manole, dessen Frau ANA eingemauert zum Bauopfer wurde, um eine Kirche vor dem Einstürzen zu bewahren.

Ich wählte als Material Nylonstrumpfhosen für meine Installation 2005 im Kulturzentrum Brancovan Palast in Mogosoaia/Rumänien, da sie für deutsche und rumänische Frauen die gleiche Bedeutung hatten. In beiden Ländern waren und sind es die Frauen, die den Spagat schaffen müssen zwischen der Realität der Ernährerin und dem Traum von Selbstverwirklichung.

Die Installation „Europas Frauen 2005“ existiert nicht mehr, da nur Fragmente 2006 nach Deutschland zurückgeschickt wurden. Ein Drittel der Strumpfhosen ist auf bisher ungeklärte Weise abhanden gekommen.

Nachdem „Europas Frauen“ in den vergangenen Jahren an vielen Orten in unterschiedlichen Zusammenhängen gezeigt wurden, sind sie hier erstmalig zu einem Thema zu sehen, das eine bestimmte Frau betrifft, die 1923 geboren wurde, und gleichzeitig für viele Frauen ihrer Generation steht.

Die gezeigten Basiselemente veranschaulichen das Spannungsfeld dieser Frau, das bis ins hohe Alter für ihr Leben prägend war. Welchen Stellenwert hatten ihre eigenen Bedürfnisse 

Fotos: Mechthild Hart und Georgia Templiner